Gesundheit

Hintergrundinformationen zum Beitrag

Deutschland hat neben Österreich die höchste Krankenhaus- und Bettendichte in Europa (1.719 Kliniken).

Ein Drittel der 480.000 Klinikbetten ist nicht belegt. Aber im internationalen Vergleich ist die Zahl der Krankenhausaufenthalteauf Spitzenniveau. (Quelle: Bundesministerium für Gesundheit)

Warum?

  • Bisher werden die Kliniken komplett über „Fallpauschalen“ finanziert, das heißt: Die Klinik erhält pro Patientin oder Patient einen Pauschalbetrag.

Das bedeutet:

  • Je mehr Behandlungen, desto mehr Geld
  • Unnötige Eingriffe, um mehr Menschen zu behandeln
  • Weniger Plätze für Geburtshilfe, da diese sich finanziell nicht lohnen

Strukturelle Probleme:

  • Alle Kliniken können alle Behandlungen anbieten, auch wenn erfahrene Spezialistinnen und Spezialisten fehlen. Die Sterblichkeit bei sogenannten Volkskrankheiten (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes, Fettstoffwechselstörung) ist dadurch höher als sie sein müsste, zum Beispiel werden derzeit 40 Prozent der Krebskranken nicht optimal behandelt. (Karl Lauterbach, Deutschlandfunk 15.11.2024)
  • Etwa ein Drittel aller Krankenhäuser sind in den roten Zahlen. Sie haben nicht genug Personal. Sie können nicht genug Patientinnen und Patienten versorgen. Es drohen unkontrollierte Insolvenzen. Kliniken und Arztpraxen leiden unter hoher Bürokratiebelastung.

Helfen soll die geplante Reform (Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, s. o.):

  • Nur noch 40 Prozent der Finanzierung über „Fallpauschale“
  • 60 Prozent Basiszahlungen erhalten die Kliniken für Grundausstattung wie Personalvorhaltung, notwendige medizinische Geräte, usw. Dadurch entfällt der Finanzdruck, unnötige Behandlungen aus Kostengründen entfallen.
  • Extrazuschläge erhalten Kliniken mit Kinderheilkunde, Geburtshilfe, Intensiv- und Unfallmedizin, Schlaganfallstationen und Notfallmedizin.
  • Patientinnen und Patienten müssen innerhalb von 30 Minuten eine Klinik erreichen können, die Anfahrtszeit zu Spezialkliniken für geplante, anspruchsvolle Eingriffe (zum Beispiel Krebsbehandlung, Wirbelsäulen-OPs) soll höchstens 40 Minuten dauern.
  • Anspruchsvolle und hochspezialisierte Behandlungen werden auf weniger, dafür aber qualitativ hochwertiger ausgestattete Kliniken mit erfahrenem Fachpersonal konzentriert und sind für jeden zugänglich. Für diese Kliniken gelten einheitliche hohe Qualitätsvorgaben für Personal und Ausstattung. Das garantiert eine optimale Behandlung durch erfahrene Fachleute. (Gegnerinnen und Gegner der Reform wollten diese Qualitätsvorgaben senken.)
  • Kleinere Kliniken bleiben weitestgehend erhalten, um die schnelle und wohnortnahe stationäre Versorgung zu sichern.
  • Wo niedergelassene Ärztinnen und Ärzte fehlen, übernehmen solche Kliniken auch ambulante und pflegerische Leistungen.
  • Klinikschließungen dürften hauptsächlich in westdeutschen Großstädten erfolgen, wo eine Überversorgung besteht.
  • Bürokratieabbau (Ärzteblatt.de, 14.11.2024):
    • Elektronische Patientenakte. Die Pflichtberichte sollen allen behandelnden Medizinerinnen und Medizinern zugänglich und die Daten standardisiert sein. Es muss dann nicht jede Fachärztin oder jeder Facharzt erneut einen Befund erheben (Zeit- und Kostenersparnis).
    • Perspektivisch sollen Befund- und Behandlungsdaten unter Gewährleistung eines hohen Datenschutzniveaus auf einem zentralen Server verwahrt und der Zugriff den behandelnden Ärztinnen und Ärzten anwendungsfreundlich ermöglicht werden.
    • Gremien der Selbstverwaltung und der medizinischen Dienste sollen regelmäßig selbst den Sinn der Dokumentationspflichten überprüfen und Unnötiges abbauen. Dadurch stünde mehr Zeit für Behandlungen zur Verfügung.

Ende Januar 2025 wurde die Abschaffung der Budgets für Hausärztinnen und -ärzte und der Quartalspauschale beschlossen. Sie soll durch eine Jahrespauschale ersetzt werden. Für chronisch Kranke entfallen die vierteljährlichen Pflichtbesuche, was zu leereren Wartezimmern und wiederum zu mehr Zeit für die anderen Patientinnen und Patienten führen soll. Die Entbudgetisierung bedeutet, dass Hausärzte und -ärztinnen für jede Behandlung bezahlt werden, auch wenn sie das ihnen bisher zugeteilte Budget überschreiten. Folge: Es können wieder mehr Behandlungen durchgeführt und auch neue Patientinnen und Patienten aufgenommen werden.

Impfungen:

In Deutschland besteht keine Impfpflicht.

Lediglich bei Masern besteht eine einrichtungsbezogene Impfpflicht (Kitas, Kindergärten).

Grund:

Masern sind höchst ansteckend und haben gefährliche Folgen bis hin zum Tod. Eine Infektion in der Schwangerschaft führt zu Missbildungen und geistiger Behinderung des Ungeborenen. Säuglinge unter einem Jahr sind besonders gefährdet und dürfen auf keinen Fall angesteckt werden, da sie noch nicht geimpft werden können und keinen eigenen Immunschutz haben. Eine durch die Infektion verursachte Enzephalitis (Entzündung des Gehirns) hat sehr häufig bleibende Schäden im Gehirn zur Folge. Diese Entzündung kann bis zu zehn Jahre nach einer Maserninfektion auftreten.

Impfschäden können bei keiner Impfung ausgeschlossen werden. Es gilt, die Risiken von Infektionsfolgen und Impfungen gegeneinander abzuwägen (zum Beispiel Corona. Hier war angesichts der vielen Todesfälle rasches Handeln geboten, niemand konnte den Verlauf abschätzen, es gab aber keine Impfpflicht).

Fernreisende, die Impfungen skeptisch gegenüberstehen, haben im Übrigen in aller Regel keine Vorbehalte gegen Typhus-, Gelbfieber- und weitere Impfungen, die in vielen Ländern Pflicht sind.

Eine grundlegende Reform bedeutet Abschied von Gewohntem und kann von der einen oder dem anderen erst einmal als Nachteil empfunden werden. Zum Beispiel sind sicherlich nicht alle Menschen in Radolfzell erst einmal glücklich über die Schließung ihres Krankenhauses gewesen. Aber ist nicht ein geordneter Übergang zu einer hochwertigen, umfassenden und auch noch gut erreichbaren Versorgung besser als eine unkontrollierte Insolvenz mit allen Nachteilen für Patientinnen, Patienten und Personal? Von den Kosten ganz zu schweigen. Die Schließung der Radolfzeller Klinik und die so entstehende Bündelung der Kräfte und Ausstattung in den Krankenhäusern Singen, Konstanz und Engen spart jährlich 4,5 Millionen Euro ein.

Mit den Kliniken Singen und Konstanz und dem Gesundheitszentrum in Engen ist in allen medizinischen Bereichen die Versorgung für die Region gesichert. Die Geburtshilfestationen sind wieder täglich geöffnet. Dazu kommen die Praxen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte.

Ein neues Klinikum entsteht in Singens Nordstadt, Baubeginn frühestens Ende 2025. Es soll ab 2032 in Betrieb gehen. (SWR, 21.12.2023)

Die AfD legt kein eigenes konkretes Konzept vor, lehnt aber die Reform ab. Sie ist lediglich gegen eine Impfpflicht, die es sowieso nicht gibt. In unserem Kreistag hat sie einen Antrag zum Erhalt der Notfallambulanzen gestellt. Niemand hat über deren Abschaffung je auch nur gesprochen. Gute Sachkenntnis sieht anders aus.

Dieses Papier wird ständig überarbeitet. Vorschläge für Verbesserungen oder Ergänzungen sind erwünscht. Bitte schicken Sie Ihre Überlegungen an

Kontakt: aufklaerung@konstanz-fuer-demokratie.de